Von Susanne Oppelt

Tag 1

Bei der letzten Informationsfahrt in diesem Jahr ging es gleich nach Ankunft am Berliner Hauptbahnhof in die historische Mitte Berlins, zum Humboldt Forum im Berliner Schloss. auf der Museumsinsel. Dank unseres schicken Doppeldeckerbusses war Sightseeing jederzeit während der Fahrt gewährleistet. Das Humboldt Forum gegenüber den fünf großen Museen liegend wurde als Kulturforum und Universalmuseum erst im letzten Jahr eröffnet und erweitert mit vielen musealen Sammlungen, aber auch Veranstaltungsräumen für Kultur und Wissenschaft das Angebot auf der Museumsinsel. Nach dem anschließenden Check-in samt Abendessen im Hotel endete der Ankunftstag mit ersten Einblicken in die Bundeshauptstadt.

Tag 2

Als erster Tagesordnungspunkt des zweiten Tages stand das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit im Stadtteil Schöneweide auf dem Programm. In dem einzigen, fast vollständig erhaltenen ehemaligen Zwangsarbeiterlager inmitten eines Wohnbezirks informierten wir uns über das Schicksal der 26 Millionen Männer, Frauen und Kinder, die während des NS-Regimes im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden. Rund 8,4 Millionen Menschen wurden als „zivile“ Zwangsarbeiter:innen aus den besetzten Gebieten nach Deutschland verschleppt.

Sie arbeiteten unter den Augen der deutschen Zivilbevölkerung in allen Bereichen und Branchen. Auch hier herrschte eine rassistische Hierarchie. Insbesondere Slaw:innen wurden als rassisch minderwertig angesehen, ganz unten standen Jüd:innen. Im Berliner Stadtgebiet befanden sich allein um die 3.000 solcher Lager. In den ehemaligen Unterkunftsbaracken in Schöneweide erfuhren wir viel über Leidensgeschichten und entsetzliche Schicksale von Zwangsarbeiter:innen durch die Berichte Überlebender. In Baracke 13, in der auch neben den Zivilarbeiter:innen viele italienische Militärinternierte untergebracht wurden, zeugen viele Inschriften an den Kellerwänden des Gebäudes von ihrem Elend. Emotional tief bewegt verließen wir diesen Ort. Das Ausmaß des Grauens, die hohe Zahl der Betroffenen und die Lebensumstände in den Lagern waren den meisten von uns bis dato so konkret bisher nicht vor Augen geführt worden.

Am frühen Nachmittag hatte die Gruppe dann die Gelegenheit den Bundesrat, eines der fünf ständigen Verfassungsorgane zu besichtigen. Hier erhielten wir eine gut einstündige Information zur Arbeit der Länderkammer aber auch zur Geschichte und Architektur des imposanten Gebäudes.

Nach der sich anschließenden Stadtrundfahrt – orientiert an politischen Punkten – endete der Tag nach dem Abendessen in Berlin-Mitte.

Tag 3

Der dritte und letzte Programmtag der Berlinfahrt begann mit dem mit Spannung erwarteten Besuch einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag, der wir eine Stunde auf den Besucherrängen folgen durften. Thema war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Neunzehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes. Unser im Anschluss folgendes Abgeordnetengespräch mit Parsa musste leider etwas kürzer ausfallen, da hier am Ende der Beratung eine namentliche Abstimmung erfolgte. Dennoch konnte Parsa einen Einblick in seine Arbeit vor Ort geben und die Fragen der Teilnehmenden beantworten. Während Parsa zur Abstimmung ging, konnten wir im Flur von oben einen Blick auf die Wahlurne inklusive Politprominenz werfen; allen voran Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock oder Wirtschaftsminister Robert Habeck (Der Gesetzesentwurf zum Atomausstieg wurde mit 375 Ja-Stimmen, 216 Nein-Stimmen und 70 Enthaltungen angenommen).  

Nach dem obligatorischen Fototermin in der Kuppel des Reichstagsgebäudes ging es nach dem Mittagessen weiter zum Informationsgespräch ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales – ein geschichtsträchtiges Haus, in dem sich unter anderem das NS-Propagandaministerium befand. Aktuelles Thema war hier natürlich das neue Bürgergeld, dessen Entstehungsgeschichte und Ziele uns erläutert wurden.

Zum Tagesabschluss bekamen wir noch eine Führung durch die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße in Potsdam. Das Perfide auf den ersten Blick ist, dass nichts von außen auf die Nutzung des Gebäudes von innen hindeutet. Dennoch befand sich in einer Villengegend an dieser Stelle von Sommer 1945 bis in die 1980er Jahre – in einem ehemaligen evangelischen Pfarrhaus – das zentrale Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Spionageabwehr. In der Dauerausstellung stehen die Häftlingsschicksale im Mittelpunkt. Erinnerungen von Zeitzeug:innen bieten die Gelegenheit, mehr über die Verhaftung und den Gefängnisalltag zu erfahren. Erhaltene Haftzellen, zugemauerte Fenster und Karzer zeugen von Unrecht und Repressalien. Es ist nicht bekannt, wie viele Menschen dort vom Geheimdienst gefangen gehalten wurden. Der Ort wirkte sehr beklemmend auf die Teilnehmenden. 

Fazit dieser sehr interessanten Berlinfahrt ist, dass es abseits des touristischen Mainstreams viele sehenswerte Ziele in der Bundeshauptstadt gibt, die aber durchaus auch bedrückend sein können. Der Dank der gesamten Reisegesellschaft geht an unseren Busfahrer Claus und unseren Gästebetreuer Markus sowie den Moderator der Stadtrundfahrt David.

Hier einige Impressionene zur Fahrt: