Künstliche Intelligenz (KI) prägt schon heute unser Leben: etwa dann, wenn Algorithmen frühzeitig Krankheiten erkennen, bei drohenden Waldbränden anschlagen oder die richtigen Musikvorschläge liefern. Zu den vielen Potenzialen der Technologie gesellen sich jedoch auch einige Risiken, welche die Bürger:innen, Verbraucher:innen oder Arbeitnehmer:innen konkret betreffen. Als Mitglied des Ausschusses für Digitales im Deutschen Bundestag setze ich mich damit auseinander, wie wir KI regulieren müssen, um Persönlichkeits-, Freiheits- und Grundrechte zu schützen.

„Artificial Intelligence Act“

Die Regulierung von KI-Anwendungen ist auch Anspruch und Ziel des „Artificial Intelligence Act“ (AIA), dessen Entwurf die Europäische Kommission im April 2021 vorgelegt hat. Das Regelwerk formuliert erstmals EU-weit koordinierte Standards für vertrauenswürdige KI.

Der risikobasierte Ansatz

Das Herzstück des AIA ist der sogenannte risikobasierte Ansatz. Dem folgend werden KI-Anwendungen nach dem Risiko, das sie für die Gesundheit und Sicherheit oder die Grundrechte von Personen darstellen, in vier Risikostufen unterteilt:

  • Unannehmbares Risiko
  • Hohes Risiko
  • Geringes Risiko
  • Minimales Risiko

In die erste Kategorie fällt zum Beispiel das sogenannte Social Scoring: Damit können Staaten das Sozialverhalten von Bürger:innen genauestens erfassen und bewerten. Im Falle Chinas, das aktuell an einem staatlichen Social-Scoring-System arbeitet, werden aus vermeintlichem Fehlverhalten dann Sanktionen abgeleitet: kein öffentlicher Nahverkehr, keine Auslandsreisen, keine Kredite. Mit Blick auf diese massiven staatlichen Eingriffe verbietet der AIA Social-Scoring-Anwendungen. Spamfilter hingegen fallen wie die meisten KI-Anwendungen in die vierte Kategorie: Ihnen wird ein minimales Risiko zugeschrieben. Für sie gelten entsprechend geringe Auflagen.

Wie geht’s weiter?

Seit der Veröffentlichung des Entwurfs vor etwa einem Jahr wird um die genaue Ausgestaltung des AIA gerungen. Unter französischer EU-Ratspräsidentschaft wurden bereits mehrere Kompromisstexte vorgelegt. Mit dem 1. Juni endete die verlängerte Frist für das Einbringen letzter Änderungsvorschläge.

Die beiden Verhandlungsführer im EU-Parlament, Brando Benifei aus Italien und sein rumänischer Kollege Dragoş Tudorache, wollen die Position des Parlaments noch vor Ende des Jahres finalisieren, um den AIA dann 2023 gemeinsam mit dem EU-Rat, der die 27 Mitgliedsstaaten repräsentiert, zu verabschieden. Mit dem Inkrafttreten des AIA wird in 2024 gerechnet. Erst danach beginnt die Übersetzung in nationales Recht – und damit die Möglichkeit, eigene Akzente zu setzen.

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