Es ist zwar kein weißer Rauch, der in Brüssel aufgestiegen ist, aber was dort am zweiten Dezemberwochenende geglückt ist, dürfte für weite Teile der europäischen Digitalwirtschaft eine ähnliche Bedeutung haben: Während ich auf dem Bundesparteitag der SPD mit einer Rede die hohe Bedeutung einer wegweisenden Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstrichen habe, sind in Brüssel die letzten Stunden der Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Europaparlament und dem EU-Ministerrat zum AI Act (Artificial Intelligence Act oder auch KI-Verordnung) abgelaufen. Und tatsächlich haben sich in der Nacht auf Samstag die Verhandelnden auf einen gemeinsamen Beschluss geeinigt. Damit bringt die Europäische Union die weltweit erste umfassende Regulierung für KI auf den Weg.
Ich selbst war enorm erleichtert über diesen Ausgang der Verhandlungen, denn es ist ein großer Erfolg. Einerseits war zuletzt nicht klar, ob der AI Act am Ende nicht doch noch an zu gegensätzlichen Positionen scheitern würde. Andererseits bin ich der tiefen Überzeugung, dass unsere Bürger:innen und unsere Unternehmen das Regelwerk dringend brauchen. Denn es wird einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, dass teils erhebliche Risiken wie strukturelle Diskriminierung oder unzulässige Überwachung eingedämmt werden. Gleichzeitig wird eine effektive Regulierung unseren Wirtschaftsstandort stärken.
Für eine grobe Übersicht zu dem neuen Regelwerk habe ich hier die wichtigsten Punkte der Einigung zusammengetragen:
So genannte Foundation Models sind die Basis von KI-Anwendungen wie etwa das bekannt gewordene ChatGPT des US-Unternehmens Open AI oder auch der Konkurrent Luminous des Heidelberger Start-Ups Aleph Alpha. Sie wurden in die Verordnung aufgenommen. Die Entwickler sind künftig zur Angabe grundlegender Informationen hinsichtlich der Trainings- und Testverfahren verpflichtet. Modelle mit systemischen Risiken müssen zusätzlich darüber hinausgehende Pflichten erfüllen. Das ist gut, denn wir brauchen eine verlässliche Regulierung, die Verstöße klar sanktioniert und so einen wirksamen Schutz möglich macht. Mit einer Selbstverpflichtung alleine wäre uns das sicher nicht gelungen.
Der Einsatz biometrischer Identifizierung in Echtzeit ist nur in sehr konkreten, vordefinierten Fällen wie etwa einem Terroranschlag möglich und das auch nur zeitlich und örtlich begrenzt. Als SPD-Bundestagsfraktion hatten wir uns bisher für ein vollständiges Verbot eingesetzt. Leider aber konnte ein solches nicht erreicht werden. Jedoch ist der gefundene Kompromiss ein Teilerfolg. Denn ein Szenario massenhafter Überwachung in der EU konnte durch den engagierten Einsatz des Europäischen Parlaments verhindert werden. Zudem ist es auch möglich, auf nationaler Ebene Regelungen zu vereinbaren, die über jene des AIA hinausgehen. Dafür will ich mich einsetzen.
Wie geht es jetzt weiter? Mit dem gefundenen Kompromiss im Trilog-Verfahren ist die wichtigste Hürde genommen. Aber bis der AI Act tatsächlich in Kraft tritt, wird noch einige Zeit vergehen. Jetzt geht es an die Frage der nationalen Umsetzung. Dabei ist unter anderem zu klären, wer die Aufsicht in Deutschland übernehmen kann. Das sollten wir auch frühzeitig überlegen. Denn meines Erachtens steht und fällt die erfolgreiche Umsetzung der KI-Verordnung mit der Aufsicht.
Hier ist meine Rede zur KI, die ich auf dem Bundesparteitag der SPD am 8. Dezember gehalten habe: