Am 27. Februar hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein Sondervermögen in Höhe von 100 Mrd. EUR angekündigt, das in die Bundeswehr investiert werden soll. Gemeinsam mit meinem Fraktionsgenossen Kevin Leiser habe ich dieses FAQ zusammengestellt, um die wichtigsten Fragen dazu zu beantworten.
Worum geht es eigentlich?
Die deutsche Bundesregierung will zum einen die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten verbessern und zum anderen die durch die Bundesrepublik eingegangenen Bündnisverpflichtungen erfüllen. Wir statten unsere Soldatinnen und Soldaten besser aus und schützen uns sowie unsere Bündnispartner.
Was ist das Sondervermögen und wofür soll es eingesetzt werden?
Grundsätzlich werden alle Einnahmen und Ausgaben der Bundesrepublik Deutschland jährlich im Haushaltsplan festgelegt. Allerdings kommt es bei militärischer Ausrüstung nicht selten dazu, dass Geräte z.B. aufgrund komplexer Entwicklungsprozesse erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Grundsatzentscheidung zur Anschaffung in Dienst genommen werden können. Deshalb soll neben dem Haushalt ein Sondervermögen in Höhe von 100 Mrd. EUR geschaffen werden, um darüber Rüstungsprojekte verlässlich finanzieren zu können. So entstehen im regulären Haushalt Spielräume für eine bessere persönliche Ausstattung (Schutzwesten, Nachtsichtgeräte, Kommunikationsgeräte, …) der Soldatinnen und Soldaten.
Warum ist das nötig?
Dieser Schritt ist notwendig, um unsere Soldatinnen und Soldaten bestmöglich auszustatten und die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung der Bundesrepublik Deutschland erfüllen zu können.
Die Bundesregierung reagiert damit auf eine militärische Bedrohungslage, die vor allem von Putins Überfall auf die Ukraine ausgeht.
Mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Putin klargemacht, dass er die bisherige Friedensordnung in Europa nicht anerkennt und diese mit militärischer Gewalt verändern will. Die fehlende Dialogbereitschaft auf russischer Seite und die bewusst irreführende Kommunikation der Russischen Regierung mit der bewussten Verbreitung von Lügen geben berechtigten Anlass zur Sorge, dass Russland auch über die Ukraine hinaus reichende Absichten verfolgen könnte. So etwa könnten weitere ost- und nordeuropäische Staaten, die der EU und/oder der NATO angehören, von Russland angegriffen werden. Entsprechende Drohgebärden wurden von russischer Seite bereits gemacht.
Damit wieder Frieden einkehrt, muss Russland zurück an den Verhandlungstisch. Gleichzeitig muss klar sein: Ein Angriff auf ein Mitglied der NATO ist ein Angriff auf das gesamte Bündnis. Damit dies auch klar ist, benötigen wir eine leistungsstarke und gut ausgerüstete Bundeswehr, die glaubhaft in der Lage ist, bei einem Bündnisfall einzugreifen. Durch die Sanktionen wird der diplomatische Druck aufgebaut, Russlands Aggression in der Ukraine zu beenden. Beide Säulen – die Diplomatie zur Beendigung von Konflikten und die militärische Abschreckung zur Verhinderung von Konflikten – gehören untrennbar zusammen.
Woher kommt das Geld?
Das geplante Sondervermögen soll über Kredite am Kapitalmarkt finanziert werden, die nach Verbrauch getilgt werden. Die staatliche Kreditaufnahme erfolgt dabei über die Finanzagentur des Bundes. Anfallende Kreditzinsen werden voraussichtlich aus den laufenden Haushalten bedient. Diese können allerdings auch als Gewinn zu Buche schlagen, wenn – wie in den vergangenen Jahren geschehen – Deutschland durch seine hohe Bonität am Kapitalmarkt bei der Kreditaufnahme Negativzinsen berechnet werden.
Über welchen Zeitraum läuft die Finanzierung?
Das Sondervermögen soll keine feste Laufzeit haben. Das bedeutet, dass es zur Verfügung stehen soll, bis alle Mittel ausgeschöpft sind.
Welche Vorhaben sind damit konkret finanzierbar?
Die Vorhaben, die aus dem Sondervermögen finanzierbar sind, sollen im parlamentarischen Verfahren zum Bundeshaushalt 2022 bis Anfang Juni konkretisiert werden. Dann wird auch voraussichtlich ein Wirtschaftsplan des Sondervermögens beschlossen.
Bereits jetzt ist aber klar, dass zu den wichtigsten Projekten der Bau der nächsten Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gehört, die wir möglichst gemeinsam mit unseren europäischen Partnern – v.a. Frankreich – umsetzen wollen.
Sind auch Vorhaben finanzierbar, die nicht unmittelbar die Bundeswehr betreffen?
Die Mittel sollen ausschließlich für Vorhaben der Bundeswehr genutzt werden.
Welche rechtlichen Voraussetzungen sind für die Bereitstellung des Sondervermögens zu erfüllen?
Ein Sondervermögen kann per Gesetz oder über eine Verankerung im Grundgesetz eingerichtet werden. Nach aktueller Planung will die Bundesregierung Artikel 87a des Grundgesetzes dahingehend ergänzen, dass der Gesetzgeber ermächtigt wird, zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit ein Sondervermögen von maximal 100 Milliarden Euro zu schaffen.
Muss der Bundestag zustimmen?
Einer Änderung des Grundgesetzes müssen sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat jeweils mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen; d.h. es müssen auch Abgeordnete bzw. Fraktionen zustimmen, die nicht zur Regierungskoalition zählen.
Darüber hinaus hat das Parlament bei Rüstungsausgaben ein doppeltes Haushaltsrecht: das Sonderprogramm muss vom Bundestag beschlossen werden und darüber hinaus müssen der Verteidigungs- und Haushaltsausschuss alle Ausgaben über 25 Mio. Euro freigeben.
Warum soll das Grundgesetz geändert werden?
Eine Verankerung im Grundgesetz, für die eine ⅔-Mehrheit im Bundestag nötig ist, spiegelt einen breiten gesellschaftlichen Konsens für den eingeschlagenen Weg wider. Das ist ein starkes Fundament, das der Höhe des Geldbetrags und der Bedeutung dieses Schrittes in der aktuellen Lage angemessen ist. Zudem ist über die Verankerung in GG Art. 87a sichergestellt, dass die Mittel auch tatsächlich für die Stärkung der Bundeswehr zweckgebunden sind.
Wie ist der zeitliche Ablauf?
Der Entwurf für die Grundgesetzänderung soll zusammen mit einem Errichtungsgesetz für das Sondervermögen und dem Bundeshaushalt 2022 am Mittwoch, 16. März 2022, vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden. Der Gesetzgebungsprozess soll möglichst im ersten Halbjahr 2022 abgeschlossen werden.
Wird Deutschland das von der NATO geforderte Ziel, wonach der Verteidigungsetat mind. 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen muss (“Zwei-Prozent-Ziel”), erreichen?
Ja. Mit den geplanten Änderungen wird Deutschland dieses Ziel in den nächsten Jahren erreichen.
Wird Sicherheit nur militärisch gedacht?
Nein. Teil des sozialdemokratischen Sicherheitsverständnisses war es auch immer, soziale und innere Sicherheit zusammenzudenken. Nur eine Gesellschaft, die sich nicht von jedem Windstoß aus der Bahn werfen lässt, kann auch in Krisen zusammenhalten. Deshalb verringert die Bundesrepublik Deutschland schon jetzt die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und investiert massiv in den Klimaschutz. Wirtschaftliche Sicherheit, gute Arbeitsplätze und der Kampf gegen Armut sind immens wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bildung und der Kampf gegen antidemokratische Strömungen sowie eine bessere Medienkompetenz machen immun gegen Fake News.
Wir werden als Koalition dafür stehen, diese Aspekte der Sicherheit zusammen zu denken und bisher versäumtes aufzuholen.